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Rechtswissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl Vogt

Christian Hachmann

Zahlungsunfähigkeit gemäss Art. 725a E-OR unter Berücksichtigung der daraufhin zu ergreifenden aktienrechtlichen Sanierungsmassnahmen sowie ihrer Auswirkung auf die Stellung der Aktionäre

Im geltenden OR bzw. in den relevanten Art. 725 und 725a OR findet sich das Kriterium der Zahlungsunfähigkeit nicht. Vielmehr wird dort auf Kapitalverlust bzw. Überschuldung abgestellt, bei deren Vorliegen den Verwaltungsrat verschiedene Handlungspflichten treffen.

In Art. 725a E-OR wird neu das Kriterium der Zahlungsunfähigkeit eingeführt, und es wird bestimmt, dass den Verwaltungsrat bzw. die Revisionsstelle bereits bei begründeter Besorgnis der Zahlungsunfähigkeit genau bestimmte Handlungspflichten (insb. Einberufung einer Generalversammlung sowie Ergreifen von Sanierungsmassnahmen) treffen. Es findet sich jedoch keine Legaldefinition Zahlungsunfähigkeit. Vielmehr wurde der Begriff bewusst nicht definiert, um möglichst alle mit Liquiditätsengpässen verbundenen Situationen unter Art. 725a E-OR subsumieren zu können. Gerade deshalb können aber – insb. für den Verwaltungsrat, aber auch für die Revisionsstelle – Unsicherheiten darüber entstehen, in welcher Situation und ab welchem Zeitpunkt Zahlungsunfähigkeit vorliegt und dementsprechend die in Art. 725a Abs. 3 E-OR statuierten Handlungspflichten erfüllt werden müssen. Dies birgt die Gefahr allfälliger Verantwortlichkeitsklagen gegen den Verwaltungsrat bzw. gegen die Revisionsstelle.

Dieser Ausgangslage entsprechend liegt der Schwerpunkt der Dissertation auf dem neuen Kriterium der Zahlungsunfähigkeit gemäss Art. 725a E-OR. Miteinbezogen werden sollen dabei alle mit der Zahlungsunfähigkeit verbundenen Probleme. Es sollen – auch rechtsvergleichend – relevante Kriterien entwickelt und aufgezeigt werden, um das zumindest auf den zweiten Blick unklare Kriterium der Zahlungsunfähigkeit fassbarer zu machen. Indem mit der Einführung des neuen Kriteriums der Zahlungsunfähigkeit vor allem auch das Ziel verfolgt wird, in Zukunft mehr erfolgreiche Sanierungen zu ermöglichen, soll insbesondere auch untersucht werden, ob dies im Vergleich zum zurzeit noch geltenden Recht, wo auf Kapitalverlust bzw. Überschuldung als massgebende Kriterien abgestellt wird, auch tatsächlich als möglich erscheint. Hierzu wird auch ein Vergleich mit ausländischem Sanierungsrecht angestellt (insb. US-amerikanisches Chapter 11-Verfahren).

Indem in Art. 725a Abs. 3 E-OR vorgesehen ist, dass der Verwaltungsrat bei Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit unverzüglich eine Generalversammlung einzuberufen und dieser Sanierungsmassnahmen zu beantragen hat, drängt sich sodann auch eine Darstellung möglicher Sanierungsmassnahmen auf. Um dieses auch auf andere Gebiete übergreifende Thema einzugrenzen, soll ein zweites Schwergewicht auf die aktienrechtlichen Sanierungsmassnahmen gelegt werden. Von besonderem Interesse wird hier u.a. auch die Einführung des sog. Kapitalbands gemäss Art. 653s ff. E-OR sein. Indem aktienrechtliche Sanierungsmassnahmen regelmässig mehr oder minder starke Auswirkungen auf die Stellung der Aktionäre haben, soll hier schliesslich ein dritter Schwerpunkt gesetzt werden. Hierbei soll insbesondere auch untersucht werden, inwiefern sich das neue Kriterium der Zahlungsunfähigkeit auf die Stellung der Aktionäre auswirkt bzw. ob es entsprechend einem der Hauptziele der aktuellen grossen Aktienrechtsrevision – nämlich Verbesserung der Corporate Governance – im Vergleich zum geltenden Recht zu einer Stärkung der Stellung der Aktionäre führt.

 

Christian Hachmann, Kriterium der Zahlungsunfähigkeit in der aktienrechtlichen Sanierung (Diss. Zürich 2015, Zürich 2017 = Schweizer Schriften zum Handels- und Wirtschaftsrecht, Band 336)