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Rechtswissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl Vogt

Lukas Wiget

Wirksamkeit von Folgeverträgen bei Kartellabsprachen

Folgeverträge sind Verträge, die von Kartellmitgliedern in Durchführung einer Kartellabsprache mit der Marktgegenseite (z.B. Kunden) abgeschlossen werden. Gewisse Kartellabsprachen sind gemäss Art. 5 KG unzulässig und zivilrechtlich nichtig. Doch wie verhält es sich mit der Wirksamkeit von Folgeverträgen? - Nach einer Einführung ins Thema werden der Meinungsstand aufgezeigt und die ungeklärten Fragen herausgeschält. Danach wird anhand zahlreicher kartellrechtlicher Entscheide untersucht, wie sich die verschiedenen Arten von Kartellabsprachen konkret auf den Inhalt der jeweiligen Folgeverträge auswirken. Die unterschiedlichen Auswirkungen der verschiedenen Arten von Kartellabsprachen auf die Folgeverträge zwingen dazu, in der Folge jeweils nach der Art der zugrundeliegenden Absprache zu differenzieren.

Danach wird untersucht, ob der Inhalt von Folgeverträgen gegen Art. 19/20 OR verstösst, wobei insbesondere ein Verstoss gegen zwingendes Recht - namentlich gegen Art. 5 oder 7 KG – geprüft wird. Dabei wird aufgezeigt, dass gewisse Abreden in Folgeverträgen selber als unzulässige Wettbewerbsabreden (Art. 5 KG) zu qualifizieren sind. Sodann sind gewisse horizontal gebündelte Vertikalvereinbarungen ebenfalls als Folgeverträge anzusehen und unzulässig. Eine Auslegung von Art. 5 KG führt ferner zum Ergebnis, dass der Inhalt von Folgeverträgen insofern gegen Art. 5 KG verstösst, als er der Umsetzung einer unzulässigen Wettbewerbsabrede dient. Danach wird das Problem der Folgeverträgen unter dem Aspekt von Art. 7 KG untersucht. Als Ergebnis ist festzustellen, dass der Abschluss von Folgeverträgen unter Umständen eine unzulässige Verhaltensweise marktbeherrschender Unternehmen darstellt und damit gegen Art. 7 KG verstösst. Sodann wird in Analogie zur AGB-Problematik ein Verstoss gegen die öffentliche Ordnung bejaht.

Dann werden die Folgen des Verstosses gegen Art. 19/20 OR für die Gültigkeit bzw. Nichtigkeit der Folgeverträge untersucht. Dazu werden zunächst der "klassische" Nichtigkeitsbegriff erläutert sowie die von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Milderungen der Nichtigkeitsfolgen aufgezeigt. Danach wird versucht, anhand von Sinn und Zweck von Art. 5 und 7 KG die Nichtigkeitsfolgen für Folgeverträge zu bestimmen. Aufgrund der unterschiedlichen Auswirkungen der verschiedenen Arten von Kartellabsprachen ist jedoch letztlich jeder Folgevertragstyp getrennt zu beurteilen; pauschale Aussagen über die Wirksamkeit bzw. Nichtigkeit der Folgeverträge sind kaum möglich.

Sodann wird untersucht, wie die "Folgeverträge zweiten Grades" (d.h. Verträge, die in der Absatzkette zwischen den ersten Abnehmern [Vertragsgegner der Kartellmitglieder] und den zweiten Abnehmern geschlossen werden) zu behandeln sind. Solche Verträge leiden zwar nicht grundsätzlich an einem Inhaltsmangel. Dennoch sind Fälle denkbar, in denen der Inhalt dieser Verträge widerrechtlich und allenfalls nichtig ist.

Schliesslich werden Ausgleichsansprüche und ihre prozessuale Durchsetzung geprüft. Sowohl den ersten Abnehmern als auch den Konsumenten können grundsätzlich Schadenersatzansprüche zustehen. Sodann wird diskutiert, ob im schweizerischen Recht eine Sammelklage nach US-amerikanischem Vorbild eingeführt werden soll, was jedoch abzulehnen ist.

Die Dissertation von Lukas Wiget wurde mit dem Issekutz-Preis ausgezeichnet.

 

Lukas Wiget, Wirksamkeit von Folgeverträgen bei Kartellabsprachen (Diss. Zürich 2006, Zürich 2006 = Schweizer Schriften zum Handels- und Wirtschaftsrecht, Band 254)