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Rechtswissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl Mahlmann

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Seminar HS24: Würde als Rechtsbegriff in Friedens- und Kriegszeiten

Mahlmann Seminaraushang HS24 (PDF, 116 KB)

Das Seminar beschäftigt sich mit dem Rechtsbegriff der «Würde». Dieser Begriff ist zu einem Fundamentalbegriff von Verfassungsordnungen und des internationalen Rechts geworden. Er bildet gleichzeitig einen Leitbegriff der Ethik und Politik.

Als Rechtsbegriff hat «Würde» eine durchaus lange Geschichte. In das positive Recht hat er allerdings im Wesentlichen auf breiter Basis erst im 20. Jahrhundert gefunden. In der Zeit nach 1945 ist er dann zum konstitutiven Teil eines epochalen Rechtsentwurfs geworden.

Mit dem Begriff der Würde werden fundamentale Fragen aufgeworfen: Wie haben sich Vorstellungen eines spezifischen Eigenwerts von Menschen, den wir heute mit Würde bezeichnen, historisch entwickelt? Warum schreiben wir Menschen Würde zu? Welche Eigenschaften von Menschen sind hier relevant? Welchen Universalitätsanspruch kann dieser Begriff beanspruchen? Ist Würde auf Menschen beschränkt oder auch auf andere Lebewesen zu erstrecken? Was genau ist der Gehalt von ethischen und rechtlichen Würdegarantien? Wie wird Würde im nationalen und internationalen Recht garantiert? Wie werden nationale und internationale Würdegarantien von Gerichten ausgelegt? Welche konkreten Rechtsfolgen ergeben sich aus Würde als Rechtsbegriff, etwa in Problemfeldern wie der Todesstrafe, des Schwangerschaftsabbruchs, der Folter, Prostitution oder des Diskriminierungsschutzes? Welche Rolle spielt Würde bei der Legitimation von Demokratie? Welche Bedeutung hat dieser Begriff nicht nur in Friedens-, sondern auch in Kriegszeiten, in denen die menschliche Würde besonders gefährdet ist? Welche neuen Herausforderungen muss die Konzipierung und Interpretation von Garantien der Würde bewältigen – von den Rechten zukünftiger Generationen bis zur Künstlichen Intelligenz?

Das Seminar wird diesen Fragen aus historischen, philosophischen und rechtswissenschaftlichen Perspektiven nachgehen und dabei interkulturelle und rechtsvergleichende Aspekte unterstreichen.

Das Seminar wird zusammen mit Prof. Dr. András Sajó, Budapest, ehemaliger Vizepräsident des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Die Seminarsprachen sind Deutsch und Englisch, Bachelor- und Masterarbeiten können in beiden Sprachen eingereicht werden.

Eine Vorbesprechung wird im Frühjahrssemester 2024 durchgeführt werden.

Themen:

1. Globalgeschichte der Menschenwürde
2. Globale Ideengeschichte der Menschenwürde
a)
Antike
b) Neuzeit, insb. Naturrecht
c)
Aufklärung, insb. Kant
d)
Philosophische Würdeskepsis – Schopenhauer, Hegel, Nietzsche
e)
Menschenwürde und politischer Fortschritt – von der Abschaffung der Sklaverei bis zur Gleichstellung von Frauen
3. Aktuelle philosophische und rechtliche Theorien der Menschenwürde
4. Kritik des Begriffs der Menschenwürde in Ethik und Recht
5. Menschenwürde in der Bundesverfassung
6. Menschenwürde im deutschen Grundgesetz
7. Postkoloniale Menschenwürdegarantien: Die Verfassungen Indiens und Südafrikas
8. Menschenwürde im internationalen Recht
a)
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
b) EMRK
c) Völkerrecht

9. Anwendungsprobleme der Menschenwürde (z.B. Folter, Todesstrafe, Schwangerschaftsabbruch)
10. Menschenwürde und die Grundlagen der Demokratie
11. Menschenwürde im Krieg
12. Neue Herausforderungen für den Begriff der Menschenwürde

Kontakt: lst.mahlmann@ius.uzh.ch